Designdidaktik

Ein Projekt zur Förderung und Forderung einer Fachdidaktik für die Lehre des Design.

Gedanken zur Designlehre

Warum eine kleine Taxonomie der Lehrmethoden im Design ein Anfang sein kann.

Der Titel offenbart es schon: Eine „kleine“ Taxonomie – also eine systematische Sammlung – meint keine auf Vollständigkeit abzielende Abhandlung aller Lehrmethoden im Design, sondern eine Sammlung und Beschreibung dessen, was vorgefunden wird.

Bitte beachten Sie auch den Aufruf am Ende des Textes: bringen Sie sich ein!

Das Feld der Unterrichtsmethoden ist wie das Design selbst vielschichtig und an nicht wenigen Ecken schwer abgrenzbar. An den Rändern der natürlich vorhandenen Mainstreams in der Lehrpraxis wie Projekt, Vorlesung, Seminar oder Selbststudium befindet sich eine beständige didaktische Wirbelzone kleinerer und größerer Übernahmen, Variationen und Zufallsfunde. Auch gehören Experiment, Neugierde und Offenheit selbstverständlich zur Disziplin wie auch zur Lehrwirklichkeit des Design. Ein Versuch einer abgeschlossenen Taxonomie der Lehrmethoden würde also das Design an sich negieren, eine offene Sammlung jedoch beschreiben.

Auseinandersetzung ≠ Fremdbestimmung

Wir kennen die Vermittlung im Rahmen der Lehre im Design seit mehreren Jahrzehnten als eine selbstbestimmte. Dies betrifft die Lehrenden wie auch in vielen Bereichen die Studierenden. Die Lehrenden schöpfen aus sich selbst, eine Verhandlung von Lehrmethoden ist in der praktischen Anwendung inexistent, wie auch ein koordinierter Austausch hierüber an übergeordneter Stelle. Oft wird ein Ansatz zu einer Beschäftigung damit spontan argwöhnisch beäugt. Man fürchtet um die Freiheit. Man scheut möglicherweise aber auch unausgesprochen die vermutete, damit einhergehende zusätzliche Belastung, der man auf den ersten, flüchtigen Blick keinen diese Belastung rechtfertigenden Mehrwert beimisst. Geradezu folgerichtig gibt es im Gegensatz zu den anderen wissenschaftlichen Disziplinen im Design auch keine koordinierte Forschung hierzu. Die Didaktik und mit ihr die Lehrmethoden sind in der Praxis erst einmal einzig und allein Sache des Dozenten. Dies ist zwar nach Bologna eher eine Idealvorstellung, aber dazu später.

Freiheit = Unwissen?

Diese Freiheit hat fraglos Vorteile. Die Vorteile sind alles zu tun und zu lassen, was einem geeignet erscheint, die Studierenden zu befördern. Eine Freiheit die jedoch bei näherer Betrachtung in nicht wenigen Aspekten auch eine Freiheit der Hilflosigkeit ist. Zumindest allzuoft ein Kind der Unkenntnis, da im Design den Lehrenden wenn überhaupt nur Anlaufstellen zu Fragen der Didaktik offen stehen, die einer anderen als der eigenen Lehrwirklichkeit entspringen. Der Lehrende klaubt sich also zusammen, was er für sich im Laufe seiner Lehrjahre als Neu-Lehrender und in Erinnerung an die eigenen Studienzeiten selber aneignet. Das funktioniert, birgt aber das Problem der Unmöglichkeit der Bewertung, den es fehlt die für eine Bewertung erforderliche Vergleichsmöglichkeit und Systematik. Gewohnheit und Bauchgefühl sind nun mal keine systematischen Kriterien. Denn Lehrmethoden, die man nicht kennt, können die eigene Lehre auch nicht verbessern oder bestätigen, deren Aufwand verringernd Freiräume für weitere Inhalte schaffen, oder auf sich verändernde Bedingungen flexibel reagieren lassen. Zum Beispiel didaktisch mit den evolvierenden Technologien Schritt zu halten, oder beispielsweise Lehrmodelle zu entwickeln die technologietolerant sind. Oder für altgediente Lehrende bekannt: den zyklischen Abfolgen von Studierendengenerationen mit ihren sich immer wieder vollständig verändernden Usancen, Vorlieben, Bedürfnissen. Herausragende intrinsische Lehrpersönlichkeiten mögen hierauf mit einer natürlichen Bandbreite reagieren. Für normale Lehrende könnte die systematische Kenntnis verschiedener Lehrmethoden im Lehralltag von Vorteil sein.

Unwissenheit bedeutet Unfrei zu sein

Diese fallabhängig möglicherweise nachteiligen Aspekte des Vorteiles der Selbstbestimmtheit lassen sich um handfeste einschlägige Nachteile erweitern. Mit einer fehlenden systematischen Beschäftigung zu Lehrmethoden im Design fehlt an übergeordneter Stelle auch eine Anlaufstelle im Design für Programmentwicklung oder gar Reformbestrebungen. Nur ein Beispiel: Nahezu alle Designstudiengänge „wurschteln“ sich so oder so durch die Auswirkungen der Bolgna-Reform. Sie müssen es zwangsweise, denn die hierzulande eingeführte Studienwirklichkeit hat in vielen Teilen nur wenig mit den spezifischen Erfordernissen einer auf Handlungskompetenz abzielenden Designlehre gemein. Designer waren bei dem Reformprozess weder gefragt, noch haben sie sich in diesen eingemischt. Die treibenden Kräfte der Umsetzung haben das Design wahrscheinlich auch nicht bewusst übergangen. Sie wussten wahrscheinlich einfach nicht, dass es da eine Disziplin irgendwo auf, um oder zwischen den Grenzen von Geistes-, Naturwissenschaften und Kunst gibt, für deren Lernkurven 45 Minutenraster und eine in Praxis oft wenig bewegliche, kleinstzellige Modularisierung eher ungewohnt, in der Praxis eher häufiger sogar hinderlich sind. Ein weiterer Nachteil ist das Unvermögen der Abgrenzung der eigenen Disziplin, ja oft auch nur den Nachweis zu führen überhaupt eine Disziplin zu sein. Hier spielt der Aspekt einer Nichtbeschäftigung mit den eigenen Lehrmethoden eine zentrale Rolle, da jedwede wissenschaftliche Disziplin schon definitorisch nicht ohne Vermittlung denkbar ist.

Mangelnde Auseinandersetzung = Sprachlosigkeit

Ableitend ist sicherlich auch die Fachsprachlosigkeit des Design hiermit eng verknüpft. Wenn jeder Lehrende freiwillig oder unfreiwillig seine eigene Lehre und das ausschließlich für sich und seine Kurse entwickelt, dann fehlt ein wesentliche Notwendigkeit für die Herausbildung einer Fachsprache. Eben weil man sich über die fehlende systematische Verhandlung der Lehre eben auch nicht systematisch mit den Begrifflichkeiten beschäftigt. Jeder hat da so sein eigenes Vokabular, angefüllt mit gefühlt definiertem und gerne garniert mit individuell verwendeten Lehnwörtern. Ohne Fachsprache fällt es logischer Weise auch bedeutend schwerer eine Disziplin zu begründen. Es fehlt schon nach innen die übergreifende Vorstellung einer vorrangig über die Terminologie transportierten Vorstellung dessen woran man forscht. Nach außen müssen dann die vollständig interpretationsabhängigen Artefakte, gelegentlich wortreich umblumt die Rolle der Systemvermittler übernehmen. Gutes Feuilleton kann man so machen, gute Wissenschaft wird da schwer.

systematische Auseinandersetzung bedeutet Emanzipation

Design ist gegenwärtig ein mittlerweile tradiert hochgradig unscharfer Lehrbereich. Eine Beschäftigung mit einer Taxonomie der Lehrmethoden könnte hier helfen die Inseln, Archipele und Kontinente im Design besser zu kartieren, und einen weiteren Nachteil der Nichtbehandlung beseitigen: den des Unverständnisses zwischen den zum Teil sehr weit von einander entfernt liegenden Ausprägungen der Designwelt. Und indem sich die Designlehrenden über die Arten von Lehre und deren Notwendigkeiten austauschen, würden sie wahrscheinlich auch Boden innerhalb der Selbstverwaltung der Hochschulen zurückgewinnen. Denn wenn man sich schon schwer tut zu beschreiben was man tut, zudem gewohnt alleine (allenfalls in lockeren fallabhängig wechselnden Allianzen) zu agieren, ist die natürliche Folge, dass die Verwaltung als hochgradig arbeitsteilige und vollständig systematisierte, vor allem aber beständige Säule der Bildungseinrichtungen in vielen Hochschulen vom einstigen Dienstleister der Lehre zum beherrschenden Verwalter derselben aufstieg.

Aufruf

An dieser Stelle wollen wir Designlehrende aufrufen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Schreiben Sie uns in Ihren Worten wie Sie Ihr Lehrkonzept beschreiben würden, worauf sie Wert legen, wie sie dieses Entwickelt haben. Womit hatten Sie Erfolge? Gab es in ihrem Lehrkonzept im Laufe der Jahre Veränderungen? Welche Unterrichts- / Lehrmethoden setzen Sie ein?

Linktips:
>>allgemeine Liste der Unterrichtsmethoden auf Wikipedia
>>Methodensammlung des Bildungsservers NRW

Ausformulierte Beiträge (Best Practice Projects) werden wir gerne auf Designdidaktik veröffentlichen. Andere Beiträge oder Kommentare oder Stichpunkte … werden wir sammeln und in Übersichten einarbeiten. Gerne behandeln wir Ihre Zusendung anonym.

Guido Kühn

2001-2013 Professur AV Mediendesign an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Hall | 2011-2016 Dozent für Designtheorie und Praxis, AV Medienkommunikation und Social Media Management an der Hochschule Heilbronn | 2015-2018 Professur Cross Media Design an der Hochschule Heidelberg | Seit 2022 Professur Gamedevelopment-2D Art and Animation an der Hochschule Neu-Ulm mit Philip Zerweck Gründer von Plattform und DGTF Themengruppe Designdidaktik. de

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